DREHSCHWINGUNGS- UND ROTATIONSANALYSE

WAS SIND DREHSCHWINGUNGEN?

Drehschwingungen sind mechanische Schwingungen, die durch periodische Drehmomentschwankungen an einer rotierenden Welle auftreten. Die Drehmomentschwankung führt zu einer Drehzahlschwankung, die der mittleren Drehzahl überlagert ist. Charakteristisch für Drehschwingungen ist, dass die Frequenzen der Drehzahl- und Drehmomentschwankungen meist synchron zu den Umdrehungen der Welle sind. Statt von Frequenzen spricht man dann von Rotationsharmonischen – auch Ordnungen genannt.

WIE KANN MAN SICH DREHZAHLSCHWANKUNGEN UND DAZUGEHÖRIGE SCHWINGWINKEL BILDLICH VORSTELLEN?

KEINE DREHZAHLSCHWANKUNG

Das Zahnrad dreht sich mit 200 Umdr./min. Im Trickfilm ist die Geschwindigkeit 10-fach verlangsamt.

Ohne Drehzahlschwankung scheint das Zahnrad in der Trickaufnahme stillzustehen, wenn man die Zähne betrachtet. Das sich das Zahnrad dennoch dreht, ist an den umlaufenden gelben Strich zu erkennen.

MIT DREHZAHLSCHWANKUNG

Mit periodischer, sinusförmiger Drehzahlschwankung läuft das Zahnrad während einer Umdrehung nicht mit konstanter Drehzahl. Auf der einen Hälfte der Umdrehung ist es langsamer als die mittlere Drehzahl und auf der anderen Hälfte schneller.

Die Drehzahlschwankung selber ist in der Trickaufnahme nicht zusehen aber ihre Auswirkung. Mathematisch ist diese Wirkung das Integral über die Drehzahlschwankung und wird Schwingwinkel genannt. Der Schwingwinkel ist das periodische Vor- und Nacheilen der ungleichförmig drehenden Welle gegenüber einer gleichförmigen Bewegung. Dieser Schwingwinkel ist in der Trickaufnahme als die Schaukelbewegung des Zahnrades deutlich erkennbar. Hier sind es ein Schwingwinkel von 6 Grad, was genau einer Zahnteilung entspricht.

WIE ENTSTEHEN DREHZAHLSCHWANKUNGEN BZW: DREHSCHWINGUNGEN?

Drehschwingungen entstehen durch Ungleichförmigkeiten. Diese sind:

Ungleichförmiges Antriebs-Drehmoment
Schwankungen beim Antrieb wie beispielsweise beim Verbrennungsmotor durch die nicht kontinuierliche Verbrennung und die Kurbelwellengeometrie

Ungleichförmiges Bremsmoment
Schwankungen beim Abtrieb wie beispielsweise beim Hubkolbenverdichter durch ungleichförmige Kräfte bei der Verdichtung

Übertragungsfehler
Eine ungleichförmige Übertragung entsteht unter anderem beim Kardangelenk bedingt durch die Geometrie, wenn die Wellen nicht parallel sind. Oder durch Spiel im Antriebsstrang bei Änderung der Drehrichtung oder des Kraftflusses, wenn Antriebs- und Abtriebsseite wechseln. Bei Getrieben (Zahnrad und Riemen verursachen geometrische Abweichungen (wie Exzentrizität und Zahnprofile) sowie Verformungen unter Last Drehmoment- und Drehzahlschwankungen. Darüber hinaus kann es z.B. durch den Stick-Slip-Effekt (Reibschwingung) zu einer ungleichförmigen Übertragung kommen.

WAS IST BEI DREHSCHWINGUNGEN ZU BEACHTEN?

Elastizität der beteiligten Elemente
Die Elastizität von Bauteilen führt bei Drehmoment- und Drehzahlschwankungen immer zu Torsions-/Drehschwingungen. Dabei verdrehen oder verwinden sich die Wellen in sich. Bei Anregung der Eigenfrequenzen besteht die Gefahr von Resonanzüberhöhungen.

Schwingungsausbreitung
Die Schwingungen werden über die Lager der Wellen auf andere Strukturen übertragen.

Drehschwingungen sind abhängig von:

  • Temperatur (Öl, Dämpfung, thermische Ausdehnung)
  • Alterung und Verschleißgrad
  • Lastzustand und Drehzahl

Die Animation zeigt die Drehzahlschwankung eines 4-Zylinder 4-Takt Dieselmotors bei einem Drehzahlhochlauf
unter Volllast. Das Ausmaß und die Kurvenform der Drehzahlschwankung hängen stark von der Drehzahl ab.

WELCHE AUSWIRKUNGEN HABEN DREHSCHWINGUNGEN?

Drehschwingungen verursachen Probleme in Bezug auf:

  • Komfort
    Alle Arten von Geräuschen und Vibrationen (NVH)
  • Sicherheit
    Verschleiß und Bauteilversagen durch Alterung (Dauerermüdung) oder Überbeanspruchung
  • Genauigkeit
    Übertragungsfehler von Drehbewegungen; die Wellen laufen nicht perfekt synchron
  • Effizienz
    Zusätzlicher Energieaufwand, der nicht zum Antrieb beträgt

WARUM MÜSSEN DREHSCHWINGUNGEN GEMESSEN WERDEN?

Die genaue Messung und Analyse von Drehschwingungen ist eine Anforderung in den Entwicklungsabteilungen von Maschinen- und Fahrzeugbau. In den letzten Jahren haben Torsionsanregungsquellen an Leistung und Komplexität zugenommen. Darüber hinaus macht die Verwendung leichterer Materialien in Motoren und Antriebssträngen anfälliger für Torsionsanregungen. Um die daraus resultierenden Komfort- und Haltbarkeitsprobleme bei der Entwicklung neuer Fahrzeuge und rotierender Komponenten zu vermindern, ist eine kontinuierliche Optimierung des Motors, Antriebsstrangs und rotierender Komponenten erforderlich. Mit Hilfe von Antriebsstrangsimulationsmodellen können Entwicklungsingenieure z.B. Torsionsresonanzszenarien vorhersagen und identifizieren und die Probleme während der Entwicklungsphase auslegen. Detaillierte und genaue Daten sind unerlässlich für die Feinabstimmung, Kontrolle und Bestätigung aller Maßnahmen zur Fahrzeugverbesserung. Ohne entsprechende Daten ist eine genaue und aussagekräftige Modellierung nicht möglich, da dynamische Testdaten Voraussetzung für die Parametrisierung und Verifizierung der Modellierungsannahmen sind.

WO TRETEN DREHSCHWINGUNGEN AUF?

MIT WELCHER SENSORIK ERFOLGT DIE DREHZAHLMESSUNG?

Die Messung der Drehzahl bzw. der Winkelgeschwindigkeit erfolgt in der Regel durch

  • Verwendung eines optischen oder magnetischen Inkremental-Drehgebers auf der Welle
  • Abtastung von schwarz-weiß Markierungen mittels Laseroptik

Die Verwendung des jeweiligen Sensors hängt ab vom jeweiligen Anwendungsfall, den Umgebungsbedingungen sowie der erforderlichen Auflösung.

DREHSCHWINGUNGS- UND ROTATIONSANALYSE MIT ROTEC

Wir entwickeln und vertreiben das RASdelta-Messsystem für die Messung und Analyse von Drehschwingungen. Mit der Drehschwingungsmessung werden die Zeiten des Auftretens von gleichmäßig beabstandeten Winkellagen um eine rotierende Welle herum (z.B. Messung von Zahnrad- oder Geberimpulsdurchgangsfrequenzen) erfasst. Verschiedene Arten von Elektroniken können verwendet werden, um Impulssignale bereitzustellen, die proportional zur Drehfrequenz einer Welle sind. Die RAS-Drehzahlkanäle verwenden digitale Zähler mit einem Hochfrequenztakt (12.3 GHz), um die Zeitintervalle zwischen den Impulsen aufzuzeichnen. Diese Winkelabtastung liefert eine feste Anzahl von Datenpunkten pro Umdrehung, die unabhängig von der Drehzahl ist. Dabei wird die momentane Winkelgeschwindigkeit von rotierenden Wellen gemessen, d.h. die mittlere Geschwindigkeit von Impuls zu Impuls. Der Schwingungswinkel und die Winkelbeschleunigung werden durch Integration bzw. Differenzierung der gemessenen Winkelgeschwindigkeit berechnet. Diese beiden Berechnungen sind wichtig für die Untersuchung von Drehschwingungsproblemen. Eine weitere wichtige Berechnung ist der Winkel zwischen zwei Drehzahlkanälen (Verdrehwinkel einer Welle, Übertragungsfehler zwischen zwei gekoppelten Wellen). Die RAS-Analysesoftware, die hauptsächlich im Winkelbereich arbeitet, bietet umfassende Analysen im Zeit- und Spektralbereich (FFT-Ordnungs- und Frequenzanalyse). Die nahezu Echtzeitfähigkeit des RAS mit Anzeige und Analyse aller Kanäle ermöglicht die Anpassung der Testparameter während der Messung. Neben den digitalen Drehzahlkanälen sind die RAS-Systeme auch mit zusätzlichen Messkanälen ausgestattet, die die Aufbereitung und Erfassung einer Vielzahl von analogen Signalen mit Abtastraten bis zu 400kHz ermöglichen. Die Besonderheit von ROTEC-RAS ist die phasenangepasste Erfassung aller Signale: Drehzahlsignalerfassung mit variabler Diskretisierung der Zeit (winkeläquidistante Abtastung) und Erfassung von Analogsignalen – Beschleunigung, Kraft, Druck, Drehmoment, etc. – in konstanten Zeitabständen (zeitäquidistante Abtastung).